Hinter allem, was im weltall geschieht, steht Gott durch seine Schakti, doch ist er von seiner Joga-Maja verschleiert und arbeitet in der niederen natur durch das ich des einzelnen.

Gespräche 1929

12 Mai 1929

- Die Mutter

Es gibt Menschen, die wie Vampire sind. Was sind sie, und warum sind sie so ?

Sie sind nicht menschlich; nur die Form, die Erscheinung ist so. Es sind Einkörperungen von Wesen aus einer Welt, die der physischen benachbart ist, einer Ebene, die wir die vitale Welt nennen. Das ist die Welt all der Begierden, Impulse und Leidenschaften, die Welt der Gewalttätigkeit, Gier, Arglist und aller Art von Unwissenheit, aber auch das ganze dynamische Vermögen ist dort, die Lebensenergien und viele Kräfte. Die Wesen dieser Welt haben ihrer Natur nach eine seltsame Macht über die stoffliche Welt und können auf sie einen verderblichen Einfluss ausüben. Manche von ihnen sind aus menschlichen Teilen zusammengesetzt, die nach dem Tod in der vitalen Atmosphäre nahe der irdischen Ebene fortbestehen. Die Begierden und Gelüste der Menschen treiben dort auch nach der Auflösung des Körpers umher und bewahren ihre Form; oft suchen sie sich weiter zu bekunden und zu befriedigen, und die Geburt dieser Kreaturen aus der vitalen Welt ist die Folge davon. Aber sie sind unbedeutend, und wenn sie auch sehr unangenehm sein können, so kann man doch mit ihnen fertig werden. Es gibt viel gefährlichere, die nie zu einer menschlichen Form gehört haben, nie in einem Menschenleib auf Erden geboren waren; denn meistens lehnen sie diese Art Geburt ab, die sie der Materie versklavt; sie bleiben lieber in ihrer eigenen Welt, um von dort aus, mächtig und unheilvoll, ihre Gewalt über die Erdenwesen aufrechtzuerhalten. Denn obwohl sie es ablehnen, auf Erden geboren zu werden, wollen sie doch mit der physischen Natur in Beziehung stehen, ohne aber durch sie gebunden zu sein.

Ihre Methode besteht darin, zunächst über einen Menschen Einfluss zu gewinnen. Dann dringen sie langsam in seine Atmosphäre ein, und zuletzt können sie ihn vollständig in Besitz nehmen und die wirkliche Menschenseele und die Persönlichkeit ganz und gar vertreiben. Wenn solche Kreaturen derart einen irdischen Leib besetzt halten, haben sie das Aussehen eines Menschen, doch sicherlich keine menschliche Natur. Sie pflegen die Lebenskraft aus den Menschen zu ziehen; sie packen diese, wo immer sie sich von ihr nähren können. Kommen sie in eure Atmosphäre, so fühlt ihr euch plötzlich niedergeschlagen und erschöpft; bleibt ihr einige Zeit mit ihnen zusammen, so werdet ihr krank; lebt ihr mit einer von ihnen, so könnt ihr daran sterben.

Wie kann man denn solche Kreaturen aus seiner Umgebung vertreiben, wenn sie einmal darin sind ?

Die in solchen Wesen verkörperte Macht ist von ganz stofflicher Art und wirkt nur aus der Nähe. Wenn ihr nicht im selben Haus wohnt wie sie oder euch nicht in ihrer Gesellschaft befindet, lauft ihr gewöhnlich keine Gefahr, unter ihren Einfluss zu geraten. Stellt ihr aber einen Kontakt zu ihnen her, brieflich zum Beispiel, so ermöglicht ihr einen Kräfteaustausch und setzt euch ihrem Einfluss aus, auch auf große Entfernung. Das klügste ist, jede Beziehung abzubrechen und nichts mehr mit ihnen zu tun zu haben — es sei denn, ihr habt ein großes okkultes Wissen und Vermögen und könnt euch schützen; doch selbst dann ist es immer gefährlich, mit ihnen zu verkehren. Sie zu bekehren hoffen, wie das manche tun, ist eitler Wahn, denn sie wollen gar nicht bekehrt werden. Sie haben nicht die geringste Neigung, eine Umwandlung zuzulassen, und alle Bemühung in dieser Richtung ist nutzlos.

Wenn diese Wesen in einem Menschenleib sind, wissen sie oft nicht, was sie wirklich sind. Manchmal haben sie ein vages Gefühl, auf nicht ganz gewöhnliche Weise Mensch zu sein. Dennoch gibt es welche, die bewusst, ja sehr bewusst sind; nicht nur wissen sie, dass sie nicht zur Menschheit gehören, sondern auch was sie sind, und handeln diesem Wissen entsprechend, indem sie ihre Ziele entschlossen verfolgen. Diese Wesen der vitalen Welt sind von Natur aus mächtig, und wenn sie dazu noch Wissen haben, sind sie doppelt gefährlich. Mit ihnen ist nichts zu machen; man muss sorgfältig allen Umgang mit ihnen meiden, wenn man nicht die Macht hat, sie zu vernichten. Seid ihr durch die Umstände gezwungen, mit einem von ihnen in Berührung zu kommen, so hütet euch vor dem Zauber, der von ihnen ausgeht. Wenn die vitalen Wesen sich auf der physischen Ebene offenbaren, haben sie immer hypnotische Kraft, denn das Zentrum ihres Bewusstseins liegt im Vitalen und nicht im Stofflichen; sie sind nicht vom stofflichen Bewusstsein umhüllt und gemindert.

Ist es nicht so, dass eine seltsame Faszination diese Kreaturen zum spirtlichen Leben zieht ?

Ja, weil sie spüren, dass sie nicht zu dieser Erde gehören, sondern anderswoher kommen; auch fühlen sie, dass sie Kräfte besessen hatten, die zur Hälfte verloren sind, und sie brennen darauf, diese wiederzugewinnen. So stürzen sie sich auf jeden, der ihnen Wissen von der unsichtbaren Welt geben kann. Doch halten sie die vitale Welt für die spirtliche, und ihre Suche gilt vitalen, nicht spirtlichen Zielen. Manchmal trachten sie auch das Spirtliche zu verfälschen und daraus eine ihrer eigenen Natur gemäße Imitation zu machen. Das ist sogar eine Art Huldigung, eine Entschädigung, die sie auf ihre Weise dem spirtlichen Leben leisten. Eine gewisse Anziehung zwingt sie dazu; sie haben sich gegen das göttliche Gesetz aufgelehnt — aber trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, empfinden sie irgendwie ihre Bindung an die Gegenwart des Göttlichen und fühlen sich zu ihm hingezogen.

Darum sieht man sie bisweilen als Mittler dienen, indem sie solche, die zum spirtlichen Leben auf Erden bestimmt sind, miteinander in Verbindung bringen. Diese Rolle übernehmen sie nicht freiwillig, sondern zwangsläufig. Es ist eine Art Vergütung, die sie zu entrichten haben. Denn sie spüren den Druck des herabsteigenden Lichts, und sie ahnen, dass die Zeit gekommen oder doch nahe ist, wo sie wählen müssen zwischen ihrer Bekehrung und ihrer Auflösung — wählen, entweder sich dem göttlichen Willen hinzugeben und ihren Platz im Großen Werk einzunehmen, oder aber im Unbewussten zu versinken und nicht mehr zu sein. Der Kontakt mit einem Wahrheitssucher gibt solchen Kreaturen die Gelegenheit zur Wandlung. Alles hängt davon ab, wie sie diese Gelegenheit nutzen. Ergreifen sie sie in der richtigen Weise, so kann sie ihnen den Weg zur Befreiung öffnen und sie aus der Falschheit, Dunkelheit und Erbärmlichkeit herausholen, die den eigentlichen Stoff bilden, aus dem die vitalen Wesen gemacht sind, und sie zur Erneuerung und zum wahren Leben führen.

Haben diese Wesen nicht große Macht über das Geld ?

In der Tat ist jetzt die Macht über das Geld unter dem Einfluss oder in den Händen von Kräften und Wesen der vitalen Welt. Aus diesem Grunde sieht man Geld nie in beträchtlichen Summen an die Sache der Wahrheit gehen. Immer irrt es ab, denn es steckt in den Klauen der feindlichen Kräfte und ist eines der Hauptmittel, ihre Herrschaft über die Erde aufrecht zu erhalten. Diese Beschlagnahme des Geldes ist machtvoll, umfassend und gründlich organisiert, und es ist eine der schwierigsten Aufgaben, aus diesem geschlossenen Verband etwas herauszuziehen. Versucht man, von seinen jetzigen Hütern ein bisschen Geld zu holen, so muss man jedesmal einen grimmigen Kampf ausfechten.

Und dennoch könnte ein einziger entscheidender Sieg, der irgendwo über die feindlichen Kräfte errungen würde, ihn gleichzeitig und automatisch auch an allen anderen Punkten möglich machen. Wenn diese Kräfte an einem Punkt nachgäben, würden alle, die jetzt meinen, für die Sache der Wahrheit nichts erübrigen zu können, plötzlich den starken Wunsch verspüren zu geben. Nicht dass diese Reichen, die jetzt mehr oder weniger Spielzeuge und Instrumente in den Händen der vitalen Kräfte sind; Abscheu vor dem Geldausgeben empfänden, vielmehr zeigt sich bei ihnen der Geiz nur dann, wenn die vitalen Impulse und Begierden schlummern. Sobald es aber darum geht, sich irgendeinen Wunsch zu erfüllen, den sie ihren eigenen nennen, geben sie noch so gerne aus; werden sie jedoch darum ersucht, einen Teil ihres Wohlstands und ihrer Einkünfte an das göttliche Werk zu geben, so trennen sie sich sehr schwer von etwas. Die vitale Macht, die das Geld kontrolliert, ist wie ein Wächter, der sein Gut in einem stets sorgfältig verschlossenen Sicherheitsfach wohl verwahrt. Jedesmal wenn man Leute, die unter dem Einfluss dieser Macht stehen, etwas von den Schätzen auszupacken bittet, stellen sie misstrauisch alle möglichen Fragen, ehe sie einwilligen, ihre Kasse auch nur ein bisschen zu öffnen. Erhebt sich in ihnen aber der vitale Impuls mit all seinen Ansprüchen, so sperrt der Hüter freudig seinen Kasten auf, und das Geld fließt in freien Strömen. Im allgemeinen hängen die Begierden, denen diese Leute gehorchen, mit dem Geschlechtstrieb zusammen; sehr oft auch geben sie dem Wunsch nach Ruhm und Ansehen nach, sowie der Lust auf gutes Essen oder jedem Anreiz von derselben vitalen Stufe. Alles, was nicht in diesen Bereich gehört, wird infragegestellt und ganz genau untersucht, widerwillig akzeptiert und dann am Ende meistens doch verworfen. Bei denen, die Sklaven der vitalen Wesen sind, kann der Wunsch nach Wahrheit, Licht und spirtlicher Verwirklichung, wenn er sie überhaupt erfasst, ihrer Geldgier keineswegs die Waage halten. Aus ihren Händen Geld für die göttliche Sache zu gewinnen heißt so viel wie ihnen den Teufel austreiben; erst gilt es das vitale Wesen, dem sie dienen, zu besiegen oder zu bekehren, und das ist gar nicht leicht. Menschen, die unter solcher Gewalt stehen, verzichten manchmal lieber auf ihr Leben im Wohlstand, als dass sie ihren Besitz in den Dienst des Göttlichen stellen; sie können allen Genuss weit von sich weisen und streng asketisch werden, ohne deshalb etwas von ihrer Perversität zu verlieren; mitunter macht diese Wandlung sie sogar noch schlimmer, als sie vorher waren.

Warum ist es jemandem gestattet, anderen seinen Willen aufzuzwingen ?

Es ist nicht so, dass es jemandem gestattet wäre, anderen seinen Willen aufzuzwingen; doch gibt es einen allheitlichen Willen, und wer in gewissem Grade fähig ist, ihn zu manifestieren, scheint eine größere Willenskraft zu haben. Sie ist wie die Lebensenergie, das Licht, die Elektrizität oder jede andere Kraft der Natur. Manche sind gute, andere schlechte Leiter dafür. Mit Moral hat das nichts zu tun. Es ist eine Gegebenheit der Natur, ein Gesetz des großen Spiels.

Kann man die vitalen Wesen in ihrem eigenen Gebiet treffen?

Sie entwickeln sich in einer überphysischen Welt, wo Menschen, wenn sie zufällig dorthin gelangen, sich verloren, machtlos und wehrlos fühlen. Der Mensch ist im stofflichen Körper zuhause und in Sicherheit, der Körper ist sein Schutz. Es gibt Leute, die ihren Körper ganz und gar verachten; sie meinen, alles würde viel besser und leichter ohne ihn, nach dem Tod. Tatsächlich aber ist er ihre Zuflucht, ihre Festung. Solange sie darin wohnen, ist es für Wesen der vitalen Welt schwierig, sie in ihre Gewalt zu bekommen. Wisst ihr, was ein Albdruck ist ? Ein Ausflug in die vitale Welt. Und was versucht ihr als erstes, wenn ihr von einem Alb gepeinigt werdet ? Ihr stürzt euch wieder in den Körper und rüttelt euch ins normale physische Bewusstsein zurück. In der Welt der vitalen Kräfte hingegen seid ihr Fremde; es ist ein unbekanntes Meer, und ihr habt weder Kompass noch Steuerruder. Ihr wisst nicht, wie und wo ihr vorankommen könnt, und bei jedem Schritt tut ihr gerade das Gegenteil von dem, was zu tun wäre.

Sobald ihr ein Gebiet der vitalen Welt betretet, bedrängen euch dessen Bewohner, um euch alles zu entreißen, was ihr habt, und als Nahrung zu erbeuten, was sie nur können. Wenn ihr nicht ein starkes und machtvolles Licht habt, das aus dem Wesen strahlt, so geht es euch dort ohne Körper, als hättet ihr gegen Kälte keinen Mantel, kein Haus als Obdach, ja nicht einmal eine Haut über euren allen Stößen preisgegebenen Nerven. Es gibt Leute, die zu sagen wagen: „Wie unglücklich bin ich in diesem Körper !", und die an den Tod als eine Befreiung denken. Aber nach dem Tod habt ihr dieselbe vitale Umgebung und seid den gleichen Gefahren ausgesetzt von eben den Kräften, die in diesem Leben die Ursache für eure Nöte sind. Die Auflösung des Körpers versetzt euch in die Bereiche der vitalen Welt, und dort habt ihr nichts mehr, was euch schützt, keinen physischen Körper, in dem ihr Zuflucht suchen könnt.

Hier auf Erden, im Körper selbst, müsst ihr vollständiges Wissen erlangen und umfassende Macht gebrauchen lernen. Erst wenn ihr dieses Wissen und diese Macht gewonnen habt, könnt ihr euch in allen Welten in völliger Sicherheit bewegen. Erst wenn es euch unmöglich ist, auch nur die geringste Angst zu empfinden, wenn ihr zum Beispiel sogar während des schlimmsten Albdrucks kühles Blut bewahrt, könnt ihr euch sagen; „Jetzt bin ich bereit, die vitale Welt zu betreten." Das bedeutet aber die Erwerbung eines Wissens und einer Macht, die man nicht erlangt, bevor man vollkommen Herr der Impulse und Begierden der vitalen Natur ist. Ihr müsst absolut frei sein von allem, was die Wesen der Finsternis anlocken und ihnen ermöglichen kann, euch zu beherrschen. Seid ihr nicht frei, so hütet euch !

Kein Anhängen, kein Begehren, keine Impulse, keine Vorliebe; vollendeter Gleichmut der Seele, unveränderlicher Friede, absolutes Vertrauen in den göttlichen Schutz: damit seid ihr in Sicherheit, ohne das aber in Gefahr. Und solange eure Sicherheit nicht gewiss ist, macht ihr es am besten wie die kleinen Küken, die sich unter den mütterlichen Fittichen bergen.

Wie kann der physische Körper als Schutz dienen ?

Durch seine Schwerfälligkeit — genau das, was wir ihm vorwerfen. Er ist träge und stumpf, grob, starr und hart; er gleicht einer Festung mit ihren dicken und starken Mauern. Die vitale Welt hingegen ist fließend; alles darin bewegt sich, vermischt und durchdringt sich gegenseitig ungehindert; das gleicht den Wellen des Meeres, die unaufhörlich ineinandergleiten. Man ist wehrlos gegen dieses Fließende der vitalen Welt, sofern man ihr nicht von innen eine sehr starke Kraft und ein sehr helles Licht entgegenzusetzen hat; sonst durchdringt sie euch, und nichts vermag etwas gegen ihren überwältigenden Einfluss. Aber der Körper tritt dazwischen; er hält die vitale Welt von euch ab und dämmt das Fluten dieser Kräfte ein.

Wie kann es in den so fließenden Formen der vitalen Welt Individualität geben ?

Individualität ist da, nur sind die Formen nicht fest und hart wie bei verkörperten Geschöpfen. Individualität bedeutet nicht Starrheit ohne jede Plastizität. Ein Stein hat eine starre Form, vielleicht die starrste, die wir kennen, und dennoch hat er recht wenig Individualität. Nehmt zehn oder zwanzig Steine, und ihr werdet sehen, wie schwer es ist, sie voneinander zu unterscheiden. Doch die Wesen der vitalen Welt lassen sich auf den ersten Blick unterscheiden; man erkennt sie an etwas in der Struktur ihrer Gestalt, an der Atmosphäre, die jedes um sich hat, der Art, wie es sich bewegt, spricht und handelt. Wie sich bei den Menschen der Ausdruck ändert, je nachdem, ob sie froh oder unzufrieden sind, so verändern Stimmungswechsel auch bei diesen Wesen das Aussehen; doch in der vitalen Welt sind diese Veränderungen viel beträchtlicher; dort wechselt nicht bloß der Ausdruck, sondern auch die Form der Züge.

 



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